Der Mountainbike Sport hat in den über 35 Jahren seines Bestehens schon viele Veränderungen durchlaufen und nicht zuletzt hat das E-Mountainbike, kurz EMTB, die vielleicht schönste Fortbewegung auf zwei Rädern ordentlich durcheinandergewirbelt. Wie dieses neue Sportgerät den Tiroler Tourismus in Zukunft prägen wird, welche Herausforderungen das mit sich bringt, was die gesetzlichen Hürden sind und welche Maßnahmen notwendig sind, um im internationalen Bewerb zu bestehen, hat sich Christoph Malin angeschaut.

Gesetzliches
Mountainbiken als Sport hat es in Österreich eigentlich nicht leicht. Als das Forstgesetz von 1975 im Nationalrat verabschiedet wurde, war der Sport noch nicht in Europa angekommen. In den USA fuhren zwar zu dieser Zeit die ersten MTB-Pioniere auf umgebauten Schwinn-Waffenrädern Abfahrtsrennen am Mount Tamalpis über der Golden Gate Brücke bis die Rücktrittbremsen rauchten, aber es dauerte noch weitere zehn Jahre bis der Funke auf Europa übersprang und hierzulande die ersten Mountainbikes verfügbar waren.
Allerdings ergibt sich aus dem Forstgesetz Paragraf 33 Absatz 3 ein grundsätzliches Verbot des Befahrens des Waldes mit Fahrzeugen, das auch das Mountainbike mit einbezieht. Das Befahren von Forststraßen ist nur mit Zustimmung des Wegehalters, das Befahren des Waldes nur mit Zustimmung des Grundeigentümers erlaubt.
Aufgrund der regional durchaus großen Bedeutung des Mountainbikens als Freizeitaktivität der lokalen Bevölkerung aber auch für den Tourismus wurden in den Bundesländern unterschiedliche Vertragsmodelle entwickelt, um geeignete nicht-öffentliche Wege für Mountainbiker und Radfahrer freizugeben. Diese Verträge werden zwischen Wegehalter und/oder Grundeigentümer und Tourismusverbänden oder Gebietskörperschaften geschlossen, wobei der Grundeigentümer häufig eine finanzielle Entschädigung für die Freigabe erhält. Die einheitliche Beschilderung der Strecken sind ebenfalls wichtige Bestandteile dieser Vereinbarungen, die in der Regel einen sehr guten Versicherungsschutz für die Wegehalter beinhalten: unter anderem bezüglich gesetzlicher und vertraglicher Wegehalterhaftung, Betriebshaftpflicht, Rechtsschutz für die Abwehr ungerechtfertigter Schadenersatzansprüche et cetera. Versichert sind Wegehalter, Grundeigentümer beziehungsweise die Berechtigten aus einer Vereinbarung.
Es würde an dieser Stelle zu weit führen, die unterschiedlichen Regelungen und Modelle der Bundesländer zum legalen Mountainbiken im Wald zu erörtern, aber grundsätzlich sind in Österreich langjährige, ambitionierte Projekte verwirklicht worden, um einen gesetzeskonformen Mountainbike-Tourismus, aber auch das legale Biken der lokalen Bevölkerung zu ermöglichen. Und dies im Dialog mit Wegehaltern, Grundstücksbesitzern und Aktiven. Dies können einerseits ausgewiesene Bikeparks sein, der älteste, größte und bekannteste hierbei ist in Saalbach-Hinterglemm, flankiert von vielen kleineren Bikeparks, die teilweise erhebliche Singletrail Wegenetze, also schmale Bike Wege, ausweisen können. Eine große Zahl an Singletrails werden insbesondere von den sportlichen Mountainbikern als Hauptkriterium im MTB-Urlaub angegeben. So hat die Bike Republic Sölden als Ziel 2020 über 95 Kilometer Singletrails projektiert.

Der Blick ins Ausland
Wie schaut es bezüglich Mountainbiken in anderen EU-Ländern aus? Es genügt in dieser Hinsicht zu wissen, dass in den meisten Ländern der EU beziehungsweise in den unmittelbaren Nachbarländern Österreichs wie Schweiz, Italien, Deutschland Mountainbiken auf Forst- und Wanderwegen erlaubt ist, wo nicht explizit verboten, wobei es natürlich in der Schweiz in den Kantonen teils differenzierende Regelungen gibt, wie auch in Deutschland in den Bundesländern variierende und manchmal verwirrende Bestimmungen gelten. In Bayern zum Beispiel ist das Befahren des Waldes mit dem Mountainbike dem Betreten gleichgestellt. Das Biken auf Wanderwegen und Forstwegen ist in Bayern grundsätzlich für Biker erlaubt, Ausnahmeregelungen gibt es beispielsweise in Naturschutzgebieten oder auf kommunaler Ebene. Gleiches in Südtirol, wo selbst in den Dolomiten zumeist biken erlaubt ist, allerdings werden Ausnahmen dort penibel befolgt und Übertretungen durchaus auch scharf sanktioniert.
Trotzdem: Im Europäischen Vergleich bewegt sich der Tourismus in Österreich bei Mountainbike Themen in der Außenwirkung speziell im sportlichen Segment nicht immer leicht, da das legale Angebot seitens der Beworbenen Biker nur allzu gerne mit Südtirol oder Schweiz verglichen wird und Österreich meist als Land dargestellt wird, in dem Mountainbiken grundsätzlich verboten ist. Dennoch: Die meisten Experten halten einer generellen Freigabe von Forststraßen ein erhebliches Konfliktpotenzial, verbunden mit dem Verlust von Lenkungs- und Steuerungseffekten speziell in Regionen mit hohen Naherholungsdruck entgegen.
Und so haben wir im Jahre 2020 geschätzte 700.000 Mountainbiker in Österreich, die speziell im Osten Österreichs bezüglich negativer Erlebnisse, etwa Begegnungen mit Jagd und Forst), bei der Ausübung ihres Sportes durchaus belastet sind. Denn nicht in jeder Region sind auf lokaler Ebene genügend legale Angebote geschaffen worden oder konnten aufgrund der speziellen Grundbesitz-Situation auch nicht geschaffen werden. Nicht wenige Österreicher fahren daher im Bike Urlaub in die angrenzenden Länder und nicht wenige Urlauber etwa aus Deutschland, Tschechien oder den Niederlanden fahren lieber in andere Destinationen wie Südtirol, Graubünden oder an den Gardasee, einfach um sich unliebsame Begegnungen mit Jagd- und Forst zu ersparen.

Mountainbiken als Wirtschafsfaktor?
Doch wie ist es eigentlich um die Wirtschaftskraft des Mountainbikens bestellt. Wie viele Bikes werden verkauft? Oder wie hoch ist der Marktanteil des MTB-Tourismus in Österreich?
Harald Maier, Gründer des MTB Kongress Saalbach-Hinterglemm und des Austrian Mountainbike Institutes, schätzt die Zahlenlage als schwierig ein: „Es gibt in Österreich seitens der Statistik Austria keine Daten zum Thema Wertschöpfung Bike beziehungsweise Biketourismus. Im Gegensatz zu Spanien, deren Statistik sogar den Raddurchmesser anführt. Es gibt die eine oder andere Umfrage etwa eine Studie hinsichtlich Wertschöpfung, diese Zahlen sind jedoch in der Regel veraltet und entsprechen in keinerlei Hinsicht dem aktuellen Geschehen. Wir haben versucht, über unterschiedliche Daten zum Beispiel die direkte und indirekte Wertschöpfung im Segment MTB-Tourismus zu berechnen. Wir hatten 2017 714.500 Beschäftigungsverhältnisse im Tourismus mit einer direkten und indirekten Wertschöpfung von 56,5 Milliarden. Das entspricht 16,1 Prozent des BIP. Derzeit liegt der Marktanteil von MTB-Tourismus bei rund 3,7 Prozent. Sollte es uns gelingen diesen auf 20 Prozent zu erhöhen, entspricht das einer Wertschöpfung von 1,81 Millarden Euro, was 3,7 Prozent des BIP wären.“ In Riva am Gardasee schätzt Maier den Marktanteil auf 43 Prozent und in Saalbach liege er „irgendwo zwischen 15 und 20 Prozent.“
Dabei werden in Österreich so viel Räder verkauft, wie seit zehn Jahren nicht mehr. Grund dafür ist die starke Verbreitung des E-Bikes und die Etablierung von Pedelecs in der breiten Bevölkerungsschicht.
Der Gesamt-Fahrradmarkt in Österreich hatte im Jahr 2018 ein Volumen von rund 457.000 Stück. Die prozentuelle Steigerung des Gesamtmarktes von 2017 auf 2018 betrug dabei mehr als zehn Prozent. Bereits seit 2012 gibt es eine kontinuierliche Steigerung der Verkaufszahlen von E-Bikes. 2017 waren bereits 29,1 Prozent der verkauften Fahrräder in Österreich E-Bikes und 2018 waren es 33 und 2019 schon 39 Prozent.
Jedes dritte neu verkaufte Fahrrad ist also ein E-Bike. Die motorbetriebenen Stadträder haben die E-Mountainbikes dabei mengenmäßig deutlich überholt und umfassten 80.222 Stück. E-Mountainbikes kommen dabei in absoluten Zahlen auf 62.960 Stück, klassische Mountainbikes auf etwa 45.000 Stück.
Einer der Pioniere im EMTB-Tourismus ist dabei Mag. Elias Walser, Geschäftsführer von Seefeld Tourismus. Über 200 Leih-EMTBs sind in Seefeld in der Saison in Rotation, betreut von mobilen Service-Einheiten, die dem gestrandeten Bike-Touristen sogar beim Schlauch-Reparieren oder gröberen Defekten helfen
Walser: „Das E-Biken hat unser Angebot an Mountainbiketouren und Wanderungen näher an unsere Zielgruppe gebracht. Früher ist der Gast zum Beispiel mit dem Auto zum Wanderparkplatz ins Gaistal gefahren und von dort zu seiner Tour gestartet. Jetzt fährt er mit dem E-Bike vom Hotel los und hat noch genügend Kraft einen Gipfel in der Tour mitzunehmen. In den letzten Jahren hat sich auch das Image der E-Mountainbikes komplett gewandelt. Früher hat man mitleidige Blicke geerntet, wenn man mit einem E-Bike gefahren ist. Mittlerweile weiß jeder, dass ein E-Bike jedem Fahrer einfach viel mehr Möglichkeiten bietet. Was mich immer wieder verwundert, ist der mangelnde Respekt der unterschiedlichen Sportler untereinander. Man donnert nicht mit einem Bike bei einem Wanderer vorbei, dass dieser einen Schrecken bekommt. Umgekehrt geht man auf die Seite, wenn sich ein E-Bike durch ein freundliches Hallo oder einer Klingel bemerkbar macht. In Whistler oder auch in der Schweiz sind sogenannte Shared Trails weit verbreitet und funktionieren. Ich glaube, dass für alle Sportler genügend Platz da wäre, wenn man ein bisschen Rücksicht nehmen würde.“
An zahlreichen E-Bike-Tankstellen, in Partnerhotels, Sportgeschäften und sogar auf Almen können die E-Biker in der Tourismus Region Seefeld während der Rast ihre Akkus aufladen.

Was braucht der EMTB-Tourismus?
Und das sind auch schon die wesentlichen Ankerpunkte, um den EMTB-Tourismus in einer Region anzukurbeln und erfolgreich zu bedienen. Dazu ergänzend und aufbauend müssen aber auch genügend Streckenangebote geschaffen werden oder vorhanden sein, um die große Bandbreite der EMTB Fahrer abzuholen. Von leichten Genusstouren für den Hobby und Almen-Fahrer mit Schwerpunkt auf Kulinarik und Naturerlebnis, bis zu schweren und anspruchsvollen Routen in atemberaubender Kulisse für das wachsende Feld der sportlichen EMTB-Fahrer sollte in einer Region schon eine ausreichende Zahl von Angeboten vorhanden sein. Vor allem sollten die Routen auch dem größeren Aktionsradius von EMTBs Rechnung tragen und intelligent miteinander verknüpfbar sein.
Dieses Angebot sollte im Internet vor der Abreise, am Info-Point im Hotel gut und einfach abrufbar sein. Gut ausgebildete Bikeguides vor Ort bieten zusätzlich einen Mehrwert für den Gast, damit der auf Tour gut geführt zu seinem Urlaubserlebnis kommt.
Bike Hotels schließlich, die ihren bikenden Gästen mit speziellen Service Leistungen entgegen kommen, etwa einer kleinen Bike-Werkstatt, -Raum, -Verleih oder -Guiding, werden in der Regel gerne angenommen und runden das Urlaubs Erlebnis nachhaltig ab. So wiederum hat es der Mountainbike Sport in Österreich doch wieder ein Stückchen leichter. Denn wenn wir im Tiroler Tourismus etwas können, ist es die Liebe zu unserem Land dem Gast näher zu bringen. Sei es auf dem Mountainbike, oder auf dem EMTB.