#Sturmtage
Kolumne von Anna-Maria Wallner (Chefin vom Dienst bei Presse am Sonntag und Ressortleiterin Meinung)
Das Coronavirus zog ausgerechnet von Tirol aus über unser Land. Doch der Februar war schon vor dem Covid-19-Ding ein stürmischer Ausnahmemonat.
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber für mich hat der Februar sehr oft das Potenzial, ein richtiger „Ahhhhh“-Monat zu sein. Nämlich im Sinn von „Ahhhh, jetzt ist der Winter auch bald wieder vorbei“. Weil Skifahren und Schneeschuhwandern ist zwar das Leiwandste, wer das aber nicht ständig machen kann, weil er im Flachland wohnt und da so wie dieses Jahr gar kein Schnee liegen bleibt, hat dann auch bald wieder genug vom Winter.
Der Februar, also: Schon am 2. Tag des kürzesten Monats im Jahr ist Mariä Lichtmess und das war lange Zeit ein richtig wichtiges Datum für Kirche und Bauern. Doch abgesehen davon, ob es „an Lichtmess“ schneit, regnet oder supersonnig ist und daraus jeder Brauchtumskalender eine andere Theorie für die darauf folgende Wetterlage und mitunter sogar den Rest des Jahres ableitet, steht fest: Weihnachten ist auf jeden Fall vorbei. Nämlich exakt 40 Tage! Das ist auch schon eine Leistung für einen langen grauen Winter. Und die Tage sind jedenfalls heller, die Vögel beginnen zu zwitschern und an manchen Tagen lässt sich zumindest im flachen Osten des Landes schon der Frühling riechen, so wie an Föhn-Tagen in Innsbruck. Jänner mit Föhn, der Feber wird schön.
In diesem Jahr aber war von Frühling schon deshalb so gut wie nichts zu spüren, weil dauernd ein neues Sturmtief namens Yulia, Sabine oder Bianca über Berge, Täler und Städte fegte. Da kam die Natur nicht zum Durchatmen, die Vögel nicht zum Zwitschern und alles Lebendige, was ansatzweise nach Frühling hätte duften können, wurde verblasen. Inklusive uns Menschen. Und von denen habe ich Exemplare gesehen, die eine vertraute Schieflage auf der Straße eingenommen haben, aber eben aus wettertechnischen Gründen. Der Februar 2020 könnte also in die Bauernkalender eingehen als einer, in dem es noch mehr gestürmt hat als sonst und an dessen Ende dann die Stürme dieses Virus gebracht haben. Geht der Mensch im Feber schief, bleibt das Wetter wahrscheinlich auch danach noch mies.
Ausgerechnet in Innsbruck ist das in China entstandene, weit gereiste Coronavirus erstmals aufgetaucht und hat dort mitunter Seltsames zu Tage gebracht. Aus Innsbruck, und so weit bekannt, nur von dort, wurden nämlich gleich mehrere Fotos von Supermarkt-Hamsterkäufen, wenn auch von ein und demselben, offenbar nicht ganz geistig gesunden Mann, gesichtet und hysterisch-aufgeregt in den sozialen Netzwerken bis Graz, Eisenstadt und Wien geteilt. Zum Lachen war das eigentlich nicht. Richtig komisch war dafür, wie dieser ORF-Reporter vor dem komplett abgeriegelten Innsbrucker Hotel stand, nachdem der erste bestätigte Fall in Österreich bei einer Rezeptionistin im Hotel aufgetreten war. „Niemand darf derzeit rein und raus“, sagte er da vor laufender Kamera mitten in der „Zeit im Bild“. Blöderweise verließ in diesem Moment im Hintergrund ein Mann mit einem Roller das Hotel, gut zu sehen im Hintergrund des Reporters. So ist Österreich. Selbst in vermeintlich gefährlichen Situationen gibt’s eine Ausnahmeregelung. Ist doch alles nicht so streng. Ist doch alles nicht so schlimm.
Wobei dieses Nivellieren durchaus sein Gutes hat. In Österreich bricht nicht so schnell eine Panik aus. Auch diesmal und trotz Corona-Fieber blieb der Großteil der Bevölkerung ruhig und überlegt und hörte abwechselnd dem türkisen-Keine Panik-Innenminister und dem grünen-Hände waschen hilf-Gesundheitsminister beim Beschwichtigen und Aufklären zu. Daran hat auch Wolfgang Fellner mit seinem oe24.at und den Schlagzeilen in Großbuchstaben à la „Seuchen-Alarm“, „Ausnahmezustand wegen Coronavirus“ nichts geändert. Schreit der Fellner laut, bleibst du lieber taub.
Trotzdem blieb der Februar in diesem Jahr weit unter seinen Erwartungen. Nicht einen „Ahhhh-Moment“ war er bereit zu spenden. Von Frühling keine Spur. Noch dazu war er einen Tag länger als in drei von vier Jahren. Stürmisch und launisch blieb er bis zum Schluss und dann fielen diesmal sogar die beiden unnötigsten Tage im Jahresreigen an sein Ende: der Faschingsdienstag und der Aschermittwoch. Hinzugekommen ist dann noch ein durchschnittlich langweiliger Opernball, eine besonders öde Oscar-Nacht. Nun gut und sind wir uns ehrlich, er kann ja nichts dafür, der Februar, am wenigsten für dieses Virus. Was bleibt? Die Hoffnung auf den März mit der Umstellung auf die Sommerzeit. Solange die EU die noch nicht abgeschafft hat.
In diesem Sinne: Wenn der Hahn kräht auf dem Mist, änder sich’s Wetter oder es bleibt wie’s ist.

Anna-Maria Wallner lebt in Wien und schreibt seit 14 Jahren für „Die Presse“. Sie kann sich nicht an einen ähnlich ruckeligen Februar mit so viel Sturmschäden und beunruhigenden Nachrichten erinnern.